Geschichte des Capoeira

 

"Belegt ist die Existenz der Capoeira seit dem 18. Jahrhundert. Die Literatur geht davon aus, dass sie in Brasilien aus einer Vermischung verschiedenster afrikanischer Tänze und Kulte entstand. Auch in anderen Regionen, in welche afrikanische Sklaven verschleppt wurden, entstanden der Capoeira ähnliche Kampfkünste, wie dem Maní auf Kuba.

Vorläufer der Capoeira waren diverse Kampfspiele und Tänze der afrikanischen und indianischen Kultur. Zu nennen wären hierbei vor allem Batuque, Luta do Bode, Bate coxa, Bassula, Kamangula, NíGolo und das indianische Quarupe.

Um die Kämpfe zwischen Sklaven und Sklavenhaltern in den Quilombos ranken sich Legenden – so wird von den Quilombos gesagt, dass sich dort die Capoeira stark weiterentwickelte und dass die Sklaven sie auch im Kampf gegen die mit Schusswaffen bewaffneten Sklavenjäger eingesetzt hätten.

Die nächste Entwicklungsphase der Capoeira ist dann auch die erste, bei der sich die Experten über Entstehung und Anwendung einig sind. Die damalige Capoeira ist allerdings nicht mit der heutigen vergleichbar, sondern vielmehr als eine Art Straßenkampftechnik zu begreifen. Capoeiristas taten sich in Banden zusammen, den Maltas, und beherrschten ganze Straßenviertel. Dabei kämpften sie gegen rivalisierende Maltas und die Obrigkeitskräfte. Diese Form der Capoeira war besonders in den Hafenstädten Rio de Janeiro, Recife und Salvador da Bahia verbreitet, die auch gemeinhin als die Brutstätten der Capoeira angesehen werden. Die Capoeira ist dementsprechend eine urbane Erscheinung.

In der Kaiserzeit war die Capoeira zwar nicht explizit verboten, die Capoeiristas wurden dennoch verfolgt und beispielsweise wegen Störung der öffentlichen Ordnung verhaftet. Zwischen 1865 und 1870 wurden viele Capoeiristas für den Krieg gegen Paraguay zwangsrekrutiert. Einerseits sollten Banden aufgelöst werden, andererseits wurden entlaufene Sklaven vor die Wahl gestellt, entweder dem Vaterland zu dienen oder zu sterben. Sie gingen als die „Voluntários da Pátria“ in die Geschichte ein.

In der Republik ab 1889 gab es schließlich einen Capoeira-Paragrafen, der die Ausübung der Capoeira mit Verbannung von sechs Monaten bis zwei Jahren bestrafte. Einer der Gründe für diese Behandlung liegt darin, dass die Capoeiristas als Monarchisten angesehen wurden, die sich aus Dankbarkeit für die Befreiung der Sklaven der Krone verpflichtet fühlten. Die Capoeira wurde in dieser Zeit stark in den Untergrund gedrängt und nur noch in Rio de Janeiro, Recife und Salvador da Bahia praktiziert.

Das Capoeira-Verbot wurde 1937 durch den nationalistischen Diktator Getúlio Vargas aufgehoben, der mit der Capoeira einen nationalen Sport etablieren wollte. Auf diese Idee kam er, nachdem er eine Vorführung von Mestre Bimba sah. Bimba wollte aus Elementen der Straßenkampftechnik Capoeira eine moderne Kampfkunst formen, welche er Luta Regional Baiana nannte. In dieser Form der Capoeira integrierte er Elemente des Batuque und asiatischer Kampfsportarten, um die Effizienz dieser Kampfsportart zu erhöhen. Er unterrichtete sie (noch während des Verbots) an seiner Akademie in der bahianischen Hauptstadt Salvador da Bahia – das Verbot war der Hauptgrund dafür, weshalb seine Schule nicht „Capoeira“ im Namen führte. Bimba ersann zum ersten Mal eine systematische Methode, Capoeira zu vermitteln; vorher wurden die Techniken durch Nachahmen erlernt.

Auch heute noch wird die Capoeira hauptsächlich in zwei Formen aufgeteilt: Capoeira Regional und Capoeira Angola. Aktuell ist allerdings ein Trend des sich gegenseitigen Annäherns zu spüren. Dieser Trend wird vor allem durch Mestre Camisa und Mestre João Grande getragen und gerne als Capoeira Contemporânea bezeichnet.

Der Film Only the Strong mit Hauptdarsteller Mark Dacascos gibt einen Einblick in die Capoeira. Hier wird hauptsächlich Capoeira Regional gezeigt, die sich durch spektakulärere Bewegungen auszeichnet. Mark Dacascos selbst betreibt seit seiner Kindheit Kung Fu (sein Vater Al Dacascos besitzt mehrere Kampfsport-Schulen) und hat sich Capoeira speziell für diesen Film mithilfe einiger brasilianischer Mestres antrainiert.

Verbreitung

Inzwischen ist Capoeira weltweit verbreitet. Es gibt verschiedene Schulen, die sich stark in Trainingsmethoden, Schwerpunkt und Stil unterscheiden. Dabei unterscheidet man zwischen Angola- oder Regional-Schulen – Capoeira Regional wird nach den Methoden von Mestre Bimba vermittelt, Capoeira Angola beruft sich vor Allem auf Mestre Pastinha und stellt traditionellere Bewegungen in den Vordergrund. Während in Regional durchaus auch Angola vermittelt wird, ist dies umgekehrt meistens nicht der Fall. Daneben setzt sich auch eine Art dritter Weg durch, diese Richtung wird als Capoeira Contemporânea bezeichnet, dies ist eher ein Sammelbegriff für viele verschiedene Stile und Richtungen der zeitgenössischen Capoeira ist (wie zum Beispiel Miudinho von der Gruppe Cordão de Ouro). Eine weitere Entwicklung ist das Austragen von Wettkämpfen, wie in anderen Kampfkünsten. Im Gegensatz zu denen zählt dabei aber nicht das Werten von Treffern oder Knockouts, sondern das Umsetzen des weiter unten unter Roda angesprochenen Dialogs. Dies macht jedoch eine objektive Beurteilung schwierig.

Malícia – die Seele der Capoeira

Capoeira hat eine Kampftechnik, die sich von den meisten anderen Künsten deutlich unterscheidet. Dies mag auch als Grund dafür gelten, warum es in Europa nicht die gleiche Verbreitung findet wie z. B. Karate oder Judo.

Das zentrale Element – die Seele der Capoeira – ist Malícia. Malícia kann als „Verschlagenheit, Bösartigkeit“ gedeutet werden, doch es ist im brasilianischen eine positiv belegte Eigenschaft und eher mit „Schläue“ oder „Kriegslist“ zu übersetzen.

In Liedern wird die Malícia anschaulich beschrieben: Bildlich lässt sie sich gut am Beispiel einer Schlange erklären, die in ihrem Loch auf Beute wartet. Die Schlange ist vorbereitet und sobald die Beute eintrifft, wird sie ohne Gegenwehr erlegt (z. B. „bote de cobra coral“ aus der Ladainha Uma Vez von Mestre Toni Vargas). An anderer Stelle wäre die Schlange vielleicht unterlegen gewesen.

Oft geht es darum, im Kampf beim Gegner einen – falschen – Eindruck glaubhaft zu machen. So durften zu früheren Zeiten die Capoeira-Schüler nicht zeigen, wie kräftig sie wirklich sind, wenn andere (potenzielle Gegner) dabei zusahen. Sie sollten eher den Eindruck von Schwächlingen erwecken. Dies konnte in einem Kampf entscheidend sein.

Malícia zieht sich wie ein roter Faden durch das Leben eines Capoeirista. Dabei wird sie niemals direkt gelehrt, sondern von den Schülern spielerisch ausprobiert. Durch die Malícia ist der Ausgang eines jeden Kampfes ungewiss. Somit sind nicht Technik und Kondition ausschlaggebend, sondern der taktische Überblick über das Spiel. Es gibt Meister, die nur sehr wenige Techniken anwenden, diese jedoch mit Hilfe von Malícia sehr effizient einsetzen.

In der heutigen Zeit tritt die Malícia in den modernen Formen der Capoeira Regional häufig in den Hintergrund, da Geschwindigkeit sowie Kürze der Spiele einen Aufbau der notwendigen Spannung und Dynamik nicht ermöglichen. In der Capoeira Angola dagegen ist sie nach wie vor das wichtigste Element.


Regeln

Capoeira als Kampf-Tanz-Spiel basiert auf einem System ungeschriebener Regeln, das nur aufgrund der afrikanischen Tradition mündlicher Überlieferung von Generation zu Generation weitergereicht worden ist. Wie die Grundzüge dieses Regelwerkes einmal ausgesehen haben können, ist ungewiss. Von Interesse ist, dass dem Anfänger normalerweise kein Textheft mit Regeln beigegeben wird, sondern diese Regeln im individuellen Kontext erfahren werden müssen. Insbesondere stellen sie vor dem Hintergrund der Malicia nur die groben Rahmenbedingungen sicher, die Regeln können in bestimmten Momenten im Spiel gebrochen werden, manchmal ist dies sogar notwendig, um besondere Subroutinen wie die Chamada beginnen zu können.

Nach John Lowell Lewis' Arbeiten gibt es eine tabellarische Übersicht der wichtigsten Regeln des Spiels. Diese ist in „normative“ und „pragmatische“ Regeln aufgegliedert. Es sei an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass die Regeln in der Capoeira sehr schwammig und abhängig von den Mitspielern sind. Sie sind deswegen eher als eine Möglichkeit anzusehen, die variiert werden kann. In manchen Schulen wird als einzige Regel „es gibt keine Regel“ unterrichtet. Dennoch sind gewisse Gewohnheiten und Abläufe auch dort zu finden.

Normative Regeln

Diese Regeln beziehen sich auf feste Verhaltensweisen, die sich in Capoeirakreisen weltweit etabliert haben und nicht hinterfragt oder variiert werden. Sie gewährleisten einerseits die Sicherheit der Kämpfer und spiegeln andererseits einen Teil der philosophischen Ansätze der Capoeira zum Umgang miteinander wieder.
1. Das aktive Spiel findet zwischen zwei Spielern innerhalb der Roda statt
1.1 Befolge die Konventionen zum Eintreten und Verlassen der Roda
1.2 Bewege dich während des Spiels nicht nach außerhalb der Roda
1.3 Gib dem anderen vor und nach dem Spiel die Hand (eher wie ein „clap“)
2. Versuche, Deinen Mitstreiter zu werfen
2.1 Nur Füße, Hände und Kopf sollen den Boden berühren
2.2 Versuche niemals, Deinen Mitstreiter zu verletzen
2.2.1 Schläge mit geschlossener Faust sind verboten
2.2.2 Wegstoßen/Schubsen verboten, es sei denn als Teil des Wurfes
2.3 Emotionale, psychische und/oder Prestigeverletzungen sind in Ordnung
3. Sei immer bereit, Dich gegen einen Angriff zu verteidigen
3.1 Wenn du deinem Mitstreiter den Rücken zudrehst dann schau ihn immer dabei an (z.B. durch die Beine)
3.2 Halte Deine Hände zur Verteidigung vor bzw. über dem Gesicht
3.3 Halte Deinen Mitstreiter die ganze Zeit im Blick
4. Es gibt keine Roda ohne Musik (der Berimbau-Spieler ist der Leiter der Roda)
4.1 Die Musik beginnt vor dem Spiel
4.2 Wenn die Musik endet, endet das Spiel

Pragmatische Regeln


Diese Regeln beschreiben die Art des Spiels, wie es idealerweise sein soll. Capoeira ist kein statischer Kampfsport wie andere Formen. Alles ergibt sich aus der Bewegung, und keine zwei Kämpfe sind identisch.

In den Regeln beschrieben sind allgemeine Verhaltensweisen, die jedoch nicht ausschließlich oder gar verpflichtend sind.
5. Blocke keine Angriffe (es sei denn zu Anfang oder in Extremsituationen)
5.1 Weiche aus und starte einen Gegenangriff
5.2 Sei darauf vorbereitet, den meisten Angriffen auszuweichen
5.3 Sei darauf vorbereitet, die meisten Ausweichversuche anzugreifen
6. Sei immer in Bewegung (Ginga; gespr. „schinga“)
6.1 Versuche, Deine Freiheit in der Bewegung zu vergrößern, während Du den Spielraum des Mitstreiters einschränkst
6.2 Niemals vollständig stoppen (bis auf Chamada)
7. Täusche Deinen Mitstreiter, so dass er verwundbar wird
7.1 Etabliere Bewegungsmuster nur, um sie zu brechen
7.2 Gib vor, die eine Sache zu tun und mach etwas anderes
7.3 Immer lächeln

Regeln von Mestre Bimba



Mündlich überliefert sind die Regeln für Capoeiristas von Mestre Bimba. Auf den ersten Blick wirken sie ein wenig ungewöhnlich für Regeln einer Kampfkunst, doch sind sie für das Überleben in einer gefährlichen Umgebung geeignet und geben Anleitung für grundsätzliche, vorsichtige Verhaltensweisen:
Wenn Du im Haus eines anderen schläfst, schlafe mit einem offenen und einem geschlossenen Auge.
Biege nicht in Ecken ein.
Gehe nachts nicht unter dicht belaubten Bäumen.
Setze Dich nicht irgendwo mit dem Rücken zur Straße hin.
Laufe nicht in dunklen Straßen.
Sicher währt am längsten.
Wenn man in der Roda schläft, fällt die Pfeife.
Gib das Rauchen auf. Es ist verboten, während des Trainings zu rauchen.
Gib das Trinken auf. Der Genuss von Alkohol beeinträchtigt die Muskeln.
Vermeide es, Deinen Freunden außerhalb der Capoeira-Roda deine Fortschritte zu zeigen.
Vermeide es, während des Trainings zu schwätzen.
Geh immer in die Ginga.
Trainiere täglich die Basisübungen.
Habe keine Furcht Dich dem Gegner zu nähern. Je näher Du an ihm dran bist, desto mehr kannst Du lernen.
Lass den Körper immer entspannt.
Es ist besser sich in der Roda zu schlagen als auf der Straße.

Die Roda

Traditionell läuft die Capoeira als Spielform in der so genannten „Roda“ (portugiesisch für „Kreis, Runde“) ab: Dabei stehen alle Teilnehmer in einem Kreis, wobei sich an einer Stelle dieses Kreises die Musiker versammeln.

Zentral sind dabei die Berimbau-Spieler, da der Berimbau den Rhythmus der Capoeira bestimmt. Von dort wird das Spiel begonnen. Dabei hocken sich zwei Capoeiristas (oder Capoeiras) vor die Instrumente, schauen sich kurz an, geben sich die Hand (clap) (manche berühren an dieser Stelle noch das Berimbau als Zeichen der Verehrung) und gehen in die Mitte der Roda, in der Regel mit einem Radschlag. Die Umstehenden klatschen den Rhythmus und singen den Refrain. Innerhalb des Kreises spielen die zwei Capoeiristas dann miteinander. Zwischen beiden wird kein Wettkampf ausgefochten, sondern sie führen eine Art von körperlichem Dialog aus, die Worte sind dabei die verschiedenen Offensiv- und Defensiv-Bewegungen. Auf jede Offensiv-Bewegung folgt eine Defensiv-Bewegung des anderen, aus einer Defensiv-Bewegung wird fließend eine Offensiv-Bewegung. Diese Sequenzen von wechselseitigen Bewegungen werden so zu Sätzen. Ob dabei eher die Kooperation oder die Konfrontation im Vordergrund steht, entscheiden die Spieler selbst. Dieses Gespräch kann je nach Können und Stimmung eher friedlicheren Charakter haben oder auch in einen Kampf münden. Am Ende steht kein Gewinner oder Verlierer fest, sondern die Capoeiristas entscheiden selbst, wann sie den Dialog beenden.

Jeder der Umstehenden kann sich auch vorher in das Spiel einkaufen (aus dem portugiesischen comprar für „kaufen“). Dabei markiert man zuerst wachsam (die vorherigen Spieler tauschen immer noch Schläge aus) und doch bestimmt seine Absicht, das Spiel zu übernehmen (indem er einen ausgestreckten Arm zwischen die Spielenden hält, die Handfläche ist demjenigen zugewandt mit dem er von nun an „reden“ möchte), und setzt dann mit diesem Spieler den Dialog fort.

Die Capoeira ist äußerst vielseitig, da sie Akrobatik, Kampfsport, Rhythmik, Reaktionsfähigkeit, Improvisation und Kreativität vereinigt. Der Spieler befindet sich in ständiger Bewegung: Zum einen, da der Grundschritt bereits ein Wiegeschritt ist (die Ginga), zum anderen, weil es sehr viele tiefe Bewegungen in der Hocke bzw. Akrobatik kopfüber (Radschlag, Kopfstand etc.) gibt. Dadurch und durch die Philosophie, allen Schlägen auszuweichen und nur im Notfall zu blocken, stellen sie dem anderen kein leicht zu treffendes Ziel dar.


Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Capoeira

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